Berlin, am 31. Januar 2019 – Die Ergebnisse der Online-Umfrage der Bundesvereinigung Trans* e.V. (BVT*) mit dem Thema „Dritte Option beim Geschlechtseintrag für alle?“, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert und Ende 2018 durchführt wurde, verweisen auf ein breites Spektrum an Geschlechtsidentitäten. Insgesamt nahmen über 1.500 Menschen an der Umfrage teil. Ziel der Umfrage war es, erste empirische Daten über die vermutlich existierende Geschlechtervielfalt zu erheben. Dazu erklärt Dr. Josch Hoenes, der gemeinsam mit Dr. Arn Sauer und Dr. des. Tamás Jules Fütty die Studie verfasst hat:
„Die Debatten im Bundestag um das Gesetzgebungsverfahren zur sogenannten dritten Option machten deutlich, dass der dritte positive Geschlechtseintrag ‚divers‘ auf eine bestimmte Gruppe von Menschen beschränkt werden sollte, die eine ‚Variante der Geschlechtsentwicklung‘ aufweist. Mit unserer Umfrage wollten wir untersuchen, wer alles noch einen dritten positiven Geschlechtseintrag braucht. Zudem sollte ein erster Überblick über Diskriminierungserfahrungen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und im Zusammenhang mit rechtlichen Verfahren zur Vornamens- und Personenstandsänderung, insbesondere dem Transsexuellengesetz (TSG), geschaffen werden.
Aus den Ergebnissen schlussfolgern wir, dass (1.) aufgrund der existierenden Geschlechtervielfalt die Bezeichnung ‚divers‘ für den dritten Personenstand als Sammelkategorie sinnvoll erscheint, nicht aber die Zugangsbeschränkungen. (2.) Die häufigen negativen Erfahrungen mit dem bestehenden TSG-Verfahren die Notwendigkeit aufzeigen, das TSG abzuschaffen und durch schnelle, transparente, inklusive und hürdenlose Verfahren zu ersetzen. (3.) Für die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt Anti-Diskriminierungsmaßnahmen insbesondere in Bezug auf geschlechtsgetrennte Räume sowie bei Behörden, im Gesundheitswesen, Beruf und Arbeitsmarkt bedeutsam sind.“
Hintergrund und Ergebnisse:
Mit insgesamt 1.544 an der Umfrage Teilnehmenden stellt die Studie das in Deutschland bisher größte Sample einer Befragung zu Trans* und Nicht-Binarität dar. Der überwiegende Teil der Befragten zählt zur Altersgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (16 bis 29 Jahre, 44,8 Prozent) und der mittleren Alterskohorte (30-49 Jahre, 44,8 Prozent).
Als Ergebnis ist festzuhalten:
- Es gibt ein breites Spektrum an Geschlechtsidentitäten und Sexualitäten. Das Geschlechtsempfinden lässt sich grob in drei Gruppen aufteilen: 35,8 Prozent definieren sich als vollkommen oder überwiegend weiblich, 29,7 Prozent als jenseits bzw. zwischen männlich und weiblich und 27,5 Prozent als vollkommen oder überwiegend männlich.
- Den dritten Personenstand „divers“ würden 41 Prozent der Befragten für sich selbst wählen, etwa 10 Prozent in jedem Fall, ein weiteres Drittel der Befragten würde ihn wählen, wenn hierfür kein medizinisches Attest und keine Begutachtung notwendig wären.
- Die Befragten, die bereits eine Personenstandsänderung durchlaufen haben, bewerten diese als überwiegend positiv: Knapp 70 Prozent geben an ihr Leben sei dadurch leichter geworden. Der überwiegende Teil der Befragten, die eine Personenstandsänderung durchlaufen haben, nutzte hierfür das TSG-Verfahren, dessen Durchlaufen als eher negativ bewertet wird. So geben 74,1 Prozent an, Dinge gegen ihren Willen in Kauf genommen zu haben, weil sie im Verfahren erforderlich waren.
- 40,2 Prozent des Gesamtsamples geben an, gesamtgesellschaftlich Diskriminierungserfahrungen gemacht zu haben. Als wichtigste Orte und Bereiche, in denen Diskriminierung erfahren wurde, werden Toiletten und Umkleiden, Behörden, das Gesundheitswesen, Beruf und Arbeitsmarkt genannt.
Kurzlink zur Studie: https://bit.ly/2WxuGLy