Jetzt heißt es: TSG mit Selbstbestimmungsgesetz ersetzen!
Berlin, am 14. Dezember 2018 – Der Gesetzentwurf „zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“ ist gestern im Bundestag debattiert und abgestimmt worden und geht heute durch den Bundesrat. Dazu erklärt Cathrin Ramelow vom Vorstand der Bundesvereinigung Trans* e.V. (BVT*):
„Wir begrüßen im aktuellen Gesetzentwurf, dass die Soll-Bestimmung mit einer Kann-Bestimmung im Paragraphen 22/3 ersetzt wurde. Das bedeutet, dass die Eltern entscheiden können ob die Intergeschlechtlichkeit ihres Kindes im Geburtenregister offenbart werden soll oder nicht. Die Eltern können ihr Kind somit auch als weiblich oder männlich eintragen lassen. Es ist ein erster wichtiger Schritt, dennoch sind insgesamt die Änderungen nicht weitreichend genug.
Die Debatten im Bundestag zeigen, dass die Regierungsparteien noch nicht verstanden haben, worum es bei dem Thema geht: Um den Schutz von allen Menschen, die sich nicht als weiblich oder männlich einordnen. Das Bundesverfassungsgericht ist in diesem Punkt unmissverständlich, indem es mit lediglich zwei Geschlechtseinträgen die Rechte all jener verletzt sieht, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Der aktuell verabschiedete Gesetzentwurf begrenzt jedoch weiterhin den Zugang zum dritten Geschlechtseintrag ‚divers‘ auf intergeschlechtliche Menschen, die eine Variante der Geschlechtsentwicklung nachweisen können. Auch wenn das ärztliche Attest nun ergänzt wurde mit der Möglichkeit einer eidesstattlichen Erklärung, schließt das Gesetz nach wie vor einen Teil von inter-, sowie alle transgeschlechtlichen Menschen von der Möglichkeit eines dritten Geschlechtseintrags aus, die sich nicht der binären Geschlechterkonstellation zuordnen.“
Dr. Adrian Hector vom BVT*-Vorstand ergänzt: „Insgesamt 42.143 Menschen haben unsere Kampagne ‚Gleiches Recht für jedes Geschlecht‘ gegen diesen Gesetzentwurf unterstützt. Darin fordern wir das Recht, den Geschlechtseintrag selbstbestimmt und ohne medizinischen Nachweis registrieren zu können. Ein derartiges Gesetz könnte menschenrechtskonform der Geschlechtervielfalt von inter* und trans* Menschen Rechnung tragen. Leider vergibt das nun verabschiedete Gesetz eine historische Chance und schafft neue Ungleichheiten.
So führt die verabschiedete Neuregelung zu einer Ungleichbehandlung verschiedener Personen, deren Geschlechtsidentität nicht dem Geschlechtseintrag entspricht. Trans* Menschen müssen sich weiterhin innerhalb des aufwändigen gerichtlichen Verfahrens nach dem sogenannten Transsexuellengesetz (TSG) teuren, langwierigen und pathologisierenden Begutachtungsverfahren unterziehen, um ihren Personenstand entsprechend ihrer Geschlechtsidentität zu ändern. Als nächsten Schritt muss nun das von zahlreichen Gerichtsurteilen durchlöcherte TSG endlich abgeschafft und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden. Dazu besteht dringender Handlungsbedarf!“
Infoblock
Der Europarat verurteilt medizinische Voraussetzungen und administrative Belastungen bei der Anerkennung des Geschlechts und fordert die Mitgliedsstaaten auf dafür schnelle, transparente und zugängliche Verfahren, die auf Selbstbestimmung beruhen, einzuführen. (Resolution 2048 von 2015)
In ihrer Antwort auf die kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (19/3879) bekräftigt die Bundesregierung ihre Absicht,“zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Regelungen zum Vornamens- und Personenstandswechsel sowohl für inter- als auch für transsexuelle Personen vorsehen und damit einen weitgehenden Gleichklang der Verfahren für beide Gruppen erreichen soll“.
Siehe Drucksache 19/4128 vom 3.9.2018: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/041/1904128.pdf